Theaterbesuche im Advent

Schon seit Beginn an dürfen die Jüngsten der Schule in der Adventszeit ins Theater fahren. In diesem Jahr öffnete das plüschige, altehrwürdige Haus in Wiesbaden die Türen für die Fünft- und das moderne in Mainz die Pforten für die Sechstklässler.

Mit viel Vorfreude – die Kinder durften jeweils im Anschluss an das Stück auch auf den Besuch des dortigen Weihnachtsmarktes - begaben sich alle acht Klassen der jeweiligen Jahrgangsstufe auf den Weg. Lichter, Kerzenschein, wundervoll dekorierte Tannenbäume, Buden mit unterschiedlichsten Düften nach Zimt, Lebkuchen und allerlei anderem erwarteten die Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrern. In Hessens Landeshauptstadt präsentierte sich Emel Aydogdu, Co-Leitung des Jungen Staatstheaters, erstmals als für die Inszenierung Verantwortliche dem jungen Publikum. Im Fokus stand Pinocchio, Italiens sicherlich bekannteste und beliebteste Kinderbuch-Figur aus der Feder Carlo Collodis. Wer kennt sie nicht, die Erzählung rund um diese Holzpuppe und ihren „Vater“ Gepetto, der sich von Herzen ein eigenes Kind wünscht und sich eben Pinocchio schnitzt. „Der“ blaue Fee lässt den „Jungen“ lebendig werden, doch ist ihm aufgetragen, sich im Leben zu bewähren, um wirklich menschlich werden zu dürfen. Doch so einfach ist es gar nicht, ein guter Mensch zu sein, Pinocchio manövriert sich in die eine oder andere schwierige Situation hinein, ist allzu vertrauensselig und begegnet mit dem Kater und der Füchsin zwei ausgemachten Schelmen. Doch Pinocchio wäre nicht Pinocchio, fände er keine Lösung. Gepettos bedingungslose Liebe zu diesem, seinem Wesen lässt es sich wandeln und zum wahren Ich finden. In vielerlei Hinsicht bringt dieses „Familienstück“ – nicht mehr „Weihnachtsmärchen“ wie in den vergangenen Jahren – Veränderung und moderne Ansätze. „Der“ Fee ist eben ein Mann, bärtig und läuft auf hohen Absätzen. Die Figuren scheinen der Commedia dell’arte entstiegen, dem traditionellen italienischen Theater des 16. bis 18. Jahrhunderts, wirken durch ihre starken Farben und ihre außergewöhnlichen Frisuren. Pinocchios Nase wird erst gegen Ende einmal länger, da aber wegen einer eher lässlichen „Sünde“, im Bauch des Wals findet sich unglaublich viel Müll, den das Tier aufgrund der Verschmutzung der Welt in sich aufgenommen hat, ein durchaus aktueller Bezug, und der „Fernseh-Mann“ begrüßt „Damen und Herren und alle, die dazwischen und außerhalb sind“. Vielleicht ein doch etwas zu moderner Ansatz für das durch die Bank sehr junge Publikum, das die Anspielungen gar nicht versteht. Die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt präsentierte mit Otfried Preußlers „Die kleine Hexe“ ein eher traditionelles Stück, in dem die „kleine Hexe“ mit ihrem treuen Freund, dem Raben Abraxas, in einem ebenfalls kleinen Haus mitten im Wald zusammenlebt. Es wirkt durch seine Dynamik, die die Kinder von der ersten Minute an mitzunehmen versteht. Wer kann sich nicht dafür begeistern, in der Hexennacht gemeinsam mit der gerade einmal 127 Jahre „jungen“ Hexe um den Blocksberg zu tanzen? Das darf sie jedoch noch nicht und wird direkt bei ihrer „Missetat“ ertappt. Nun wird ihr die Aufgabe aufgetragen, sich ein Jahr lang zu bewähren und eine rundum „gute Hexe“ zu werden. „Nichts leichter als das“, denkt sich das Hexen“mädchen“, doch sein Weg dorthin ist durchaus steinig und „verhext“. Sich all die vielen Sprüche zu merken, ist schwierig. Zu viel kommt dazwischen und insbesondere die böse Hexe Rumpumpel legt ihm immer wieder aufs Neue viele Steine in den Weg. Was aber heißt es tatsächlich, eine „gute Hexe“ zu sein? Der 1957 erschienene Kinderbuchklassiker nimmt einen direkt gefangen, zeichnet liebevolle Charaktere, setzt auf die Macht der Fantasie und präsentiert ein zeitloses Stück, in dem Werte wie Freundschaft und Verlässlichkeit eine große Rolle spielen. Abraxas steht „seiner“ kleinen Hexe treu zur Seite, motiviert und begeistert sie. Am Ende, hier findet man sich in der Welt der Märchen denn doch wieder, siegt das Gute. Ein herrlicher Ansatz in einer gebeutelten Welt!

Autorin: Claudia Römer

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